Analysen

Brennpunkt Software: Eine Branche im Aufwind

Bei den Software-Programmierern dreht sich derzeit nicht nur das Übernahmekarussell, auch profitiert der Sektor von Megatrends wie der Cloud und Künstlicher Intelligenz. Das sorgt an der Börse für eine gute und teilweise gar euphorische Stimmung.

»Fressen oder gefressen werden« lautet derzeit das Motto in der Softwarebranche. So hat der Tech-Investmentfonds Silver Lake nach einem Bieterkrimi just den Zuschlag für den Kauf der deutschen Software AG bekommen und sich damit gegen Bain Capital durchgesetzt. Die britische Private-Equity-Gesellschaft bleibt aber aktiv im Markt und streckt ihre Fühler in Richtung SoftwareONE aus. Bain hat dem heimischen Informatik-Dienstleister eine Offerte von 18,50 Schweizer Franken je Aktie oder insgesamt 2,9 Milliarden Schweizer Franken unterbreitet. Softwareriese Microsoft kämpft derweil um die Übernahme des Videospiele-Programmierers Activision und IBM hat sich Ende Juni die Softwareschmiede Apptio für knapp 5 Milliarden US-Dollar einverleibt, um sich im Bereich der Automatisierung zu vergrössern.

Zweistelliges Wachstumspotenzial
Allein diese Beispiele zeigen, wie spannend es derzeit um den Sektor bestellt ist. Aber nicht nur die vielen Akquisitionen lassen aufhorchen, auch die Wachstumsaussichten sind ein guter Grund, sich näher mit der Branche zu beschäftigen. Marktforscher Grand View Research prognostiziert, dass der weltweite Softwaremarkt zwischen 2022 und 2030 voraussichtlich mit einer durchschnittlichen jährlichen Rate von 11,5 Prozent expandieren wird. Begründet wird dieses starke Wachstum mit einem Anstieg des Volumens an Unternehmensdaten, einer steigenden Automatisierung von Geschäftsprozessen sowie der generell zunehmenden Digitalisierung. Dazu zählt auch die Cloud. So zeigt der seit Jahren herrschende Trend zu Software as a Service (SaaS) keine Abnutzungserscheinungen. Zur Erklärung: Bei SaaS werden Software-Anwendungen nicht mehr gekauft, sondern können jederzeit über das Internet abgerufen werden. Schätzungen zufolge wird der Markt in diesem Bereich sowohl in diesem wie auch im nächsten Jahr um jeweils weitere 17 Prozent zulegen (siehe Grafik 1).

Die Softwarekonzerne haben ihre Geschäftsmodelle in den vergangenen Jahren bereits an die neuen Trends angepasst. Einer, der relativ spät in Richtung digitale Wolke abgebogen ist, ist SAP. Das ist auch der Grund, warum Europas grösster Softwarekonzern zuletzt ein paar magere Jahre verbuchen musste und sich damit auch an der Börse ins Abseits manövrierte. Während die Tech-Aktien rund um den Globus haussierten, tritt der DAX-Titel seit fünf Jahren auf der Stelle (siehe Grafik 2).

Nun aber scheint die Transformation gelungen. Beim Umsatz gelang SAP bereits im vergangenen Geschäftsjahr die Wende, 2023 steht nun auf der Ergebnisseite der Rebound an. Nach einem besser als erwartet starken ersten Quartal, das vor allem durch eine hohe Wachstumsdynamik bei der Cloud-Software getragen wurde, geht Finanzvorstand Dominik Asam für dieses Jahr von einer Rückkehr zu profitablem Wachstum aus. Der Manager stellt einen Betriebsgewinn von 8,6 bis 8,9 Milliarden Euro in Aussicht, das ist nahezu das Doppelte im Vergleich zum Vorjahr. Zudem hob Asam auch die mittelfristigen Erlösziele an. Der Konzernumsatz soll bis 2025 auf mehr als 37,5 Milliarden Euro steigen, bislang wurden 36 Milliarden Euro angepeilt. Das künftige Wachstum antreiben sollen unter anderem eine Reihe neuer KI-gestützter Produkte. Bis dato hat SAP bereits mehr als 60 Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz in seiner Angebotspalette. Dazu zählt auch der »Copilot« der Bürosoftware von Microsoft, der auf der Technologie von ChatGPT basiert und in die eigenen SAP-Programme einfliesst. Aus den neuesten Entwicklungen schöpften Anleger wieder Mut und sorgten im ersten Halbjahr 2023 für ein Plus bei der Aktie von mehr als einem Viertel.

Grafik 1: Marktkapitalisierung von Unternehmen, die Cloud-Dienste verkaufen
Grafik 2: SAP-Kursentwicklung, fünf Jahre

Mit KI auf Expansionskurs
Microsoft fährt selbst ebenfalls eine massive KI-Offensive. Der US-Konzern, der an dem Schöpfer von ChatGPT Open AI beteiligt ist, hat den Chatbot bereits in seine Vorzeigeprodukte Microsoft 365, Teams und in Bing integriert und wird schon bald auch die Betriebssysteme Windows 11 und 10 mit dem KI-Programm aufwerten. Microsoft war zuletzt aber auch bereits vor ChatGPT auf der Erfolgsspur. In den ersten drei Monaten des Jahres kletterte der Umsatz um 7 Prozent auf 52,9 Milliarden US-Dollar empor und damit etwa doppelt so stark wie erwartet. Gestützt wurde das Wachstum durch ein 27-prozentiges Plus in der Cloud-Sparte Azure. Die guten Nachrichten rund um Microsoft sorgten an der Börse für kräftigen Aufwind. Knapp 40 Prozent legte der Titel seit Jahresbeginn zu.

Noch eine Spur schneller unterwegs ist in diesem Jahr SAP-Erzrivale Oracle. Bei dem Tech-Titel steht ein Zuwachs von 45 Prozent zu Buche. Ein unerwartet starkes Umsatzwachstum, das ebenfalls von einer hohen Nachfrage nach den Cloud-Angeboten beflügelt wurde, überzeugte zuletzt den Kapitalmarkt. Die Konzernerlöse stiegen im Schlussviertel des abgelaufenen Geschäftsjahrs (31. Mai 2023) um 17 Prozent auf 13,84 Milliarden US-Dollar und lagen damit um 100 Millionen US-Dollar über den durchschnittlichen Schätzungen der Analysten. Der Umsatz im Bereich Cloud-Services und Lizenz-Support legte überproportional um rund ein Viertel zu und macht inzwischen 68 Prozent der Konzernerlöse aus (siehe Grafik 3). Die Texaner haben zuletzt auch ihre KI-Cloud-Angebote erweitert. Dazu gehört eine Partnerschaft mit Nvidia, um die KI-Software und -Chips des US-Konzerns Oracle-Kunden über die Cloud zur Verfügung zu stellen. Der Vorstand ist optimistisch, dass das Cloud-Wachstum von 2022/2023 auch im neuen Jahr aufrechterhalten werden kann.

Die beiden Megatrends digitale Wolke und Künstliche Intelligenz stehen bei ServiceNow ebenfalls im Fokus. Das in Santa Clara, Kalifornien, ansässige Unternehmen hat Mitte Mai bekannt gegeben, bis 2026 1 Milliarde US-Dollar in seinen Venture-Arm zu investieren, um Start-ups mit Schwerpunkt auf Unternehmenssoftware unter anderem in den Bereichen KI und Automatisierung zu unterstützen. »Firmensoftware ist geschäftskritischer als je zuvor, da Unternehmen Innovation, Effizienz und Produktivität vorantreiben möchten«, begründet ServiceNow seine Strategie. Während die neuen Beteiligungen noch Zukunftsmusik sind, beweist die derzeitige Geschäftsentwicklung, dass der Softwareanbieter auf dem richtigen Weg ist. Im ersten Quartal wurde ein Erlösplus von 22 Prozent erzielt, das operative Ergebnis verbesserte sich im gleichen Zeitraum sogar um zwei Drittel. »ServiceNow hat wieder einmal eine starke Kombination aus Wachstum und Rentabilität geliefert«, freute sich CEO Bill McDermott bei der Zahlenvorlage. Der Chef hob zudem die Umsatzprognose für das Gesamtjahr an. Börsianer quittieren die Entwicklung mit einem Kurszuwachs von 39 Prozent seit Silvester.

Grafik 3: Oracle Cloud-Umsätze
Grafik 4: SoftwareONE-Kursentwicklung, fünf Jahre

Heimische Software-Grössen
Aber nicht nur in den USA weiss man, wie Computerprogramme entwickelt werden. Auch »Swiss Made«-Software ist weltweit gefragt. Wie eingangs erwähnt ist die britische Private-Equity-Gesellschaft Bain Capital derzeit sehr interessiert an dem heimischen Unternehmen SoftwareONE. Das Gebot von 18,50 Schweizer Franken liegt rund 26 Prozent über dem Kurs von vor der Offerte. Allerdings ist dies dem Verwaltungsrat nicht genug. Laut dem Gremium unterbietet das Angebot die momentane und zukünftige Bewertung des Unternehmens deutlich. Man darf also gespannt sein, ob Bain noch eine Schippe drauflegt oder vielleicht gar ein weiterer Kaufinteressent wie bei der Software AG hinzukommt. Selbst wenn die alten Kurshöhen im Bereich von 30 Schweizer Franken noch weit entfernt sind, scheint der SPI-Titel derzeit seine charttechnische Bodenbildung abgeschlossen zu haben (siehe Grafik 4).

Auch bei der Schweizer Temenos tauchen immer wieder Übernahmegerüchte auf. Nicht ohne Grund: Nach einer schwachen Geschäftsentwicklung im vergangenen Jahr sorgte der aktivistische Aktionär Petrus Advisers für den Rücktritt von CEO Max Chuard, der nach 20 Jahren das Unternehmen verliess. Selbst wenn bis dato (noch) kein tatsächliches Angebot auf dem Tisch liegt, hat sich zumindest die operative Performance des Spezialisten für Bankensoftware verbessert. Im ersten Quartal wuchs der Umsatz im Vergleich zur Vorjahresperiode um 15 Prozent auf 645,2 Millionen US-Dollar, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) erhöhte sich um 11 Prozent auf 67,2 Millionen US-Dollar. Daraufhin bestätigten die Westschweizer ihre Ziele für 2023. Währungsbereinigt soll der wiederkehrende Umsatz um mindestens 12 Prozent steigen, das Ebit um 7 Prozent. In diesem Jahr möchte Temenos auch die Transformation hin zu SaaS abschliessen. Diesbezüglich konnte die Firma kürzlich mit einer neuen Partnerschaft punkten. Die Softwareschmiede erweiterte die Zusammenarbeit mit Amazon und dessen Cloud-Sparte Web Services (AWS). Mit der Integration von Temenos-Anwendungen auf AWS können Retail-, Geschäfts- und Privatbanken auf eine höhere Flexibilität, Leistung und Sicherheit zurückgreifen.

Die Analystenzunft geht davon aus, dass die holprigen Jahre von Temenos allmählich vorbei sind. Der Konsens rechnet in den kommenden Jahren mit deutlichen Gewinnzuwächsen (siehe Grafik 5). Operative Erfolge sowie wiederkehrende Übernahmespekulationen sorgen dafür, dass der Mid Cap auch am Kapitalmarkt im Fokus der Anleger bleiben dürfte.

Grafik 5: Gewinnentwicklung Temenos (Gewinn je Aktie)

Produktidee: Produkte auf Software-Unternehmen

Unlimited Turbo-Zertifikate

Valor

Basiswert

Typ

Stoppschwelle

Handelsplatz

125769882

Microsoft

Bull

277,58 USD

Swiss DOTS

125770009

Microsoft

Bear

403,79 USD

Swiss DOTS

122401000

SAP

Bull

87,81 EUR

Swiss DOTS

126203346

SAP

Bear

162,72 EUR

Swiss DOTS

126558788

ServiceNow

Bull

487,70 USD

Swiss DOTS

118470514

ServiceNow

Bear

309,51 USD

Swiss DOTS

Faktor-Zertifikate

Valor

Basiswert

Strategie

Faktor

Handelsplatz

121552912

Microsoft

Long

8

Swiss DOTS

120483040

Microsoft

Short

–6

Swiss DOTS

121552996

Oracle

Long

4

Swiss DOTS

124946805

Oracle

Short

–4

Swiss DOTS

112199141

SAP

Long

6

SIX Exchange

56462434

SAP

Short

–4

SIX Exchange

Stand: Juni 2023; Quelle: Société Générale
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