Interview
Vorteil: wendig und kundennah
Interview mit David Kunz, Chief Operating Officer, BX Swiss
ideas: Herr Kunz, Sie sind seit der Übernahme der BX Swiss AG durch die Börse Stuttgart vor rund drei Jahren bei der BX an Bord. Seit fast einem Jahr sind Sie Chief Operating Officer, COO.
Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Geschäftsverlauf?
David Kunz: Knapp drei Jahre schon an Bord, unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht, und die Tage und Themen werden nicht langweilig, ganz im Gegenteil. Gestartet sind wir in Zürich in der Löwenstrasse in zwei kleinen Bürozimmern zur Untermiete bei einer Anwaltskanzlei. Mittlerweile sitzen wir ein paar Meter weiter in der Talstrasse in grösseren Büros und haben die Mitarbeiterzahl von ursprünglich 3 auf über 13 ausgebaut. Ich denke, schon allein diese Zahlen lassen das Wachstum vermuten. Wir konnten unser Produktangebot massiv ausbauen. Neben 18 kotierten Unternehmen sind bei uns über 3.000 in- und ausländische Aktien in Schweizer Franken handelbar. Zusätzlich bieten namhafte Anbieter wie Blackrock, DWS, Lyxor und weitere Emittenten rund 670 ETFs an, wovon knapp ein Drittel exklusiv in der Schweiz bei uns kotiert sind. Weiter haben wir 6 ETPs auf verschiedene Kryptowährungen und rund 2.600 AMCs im Angebot. Und dann natürlich unser Markenzeichen »deriBX«, das Segment für strukturierte Produkte mit über 23.000 Produkten.
Die BX Swiss AG wurde von ihrem ehemaligen CEO als ältestes Start-up der Welt beschrieben. Was ist mit dieser Aussage gemeint?
Ja genau, und das tun wir auch heute gerne noch. Die BX Swiss wurde 1884 als Berner Börsenverein gegründet, somit können wir heute auf 136 Jahre Börsengeschichte zurückblicken. Mit dem Umzug vor vier Jahren von Bern nach Zürich, dem Verkauf an die Börse Stuttgart und der Wiederbewilligung der BX Swiss als vollregulierte Börse, weht nun ein dynamischer Wind bei uns. Alle Mitarbeiter sind mit Leidenschaft dabei. Wir sind offen für neue, kreative Wege und durch unsere kurzen Entscheidungsprozesse kann sich jeder Mitarbeiter aktiv einbringen, ganz so wie in einem Start-up.
Die Schweizer Börsenlandschaft wurde, zumindest bis vor kurzem, von einer Börse, der SIX Swiss Exchange, dominiert. Ist eine Börse in einem Land mit rund 8 Millionen Einwohner nicht ausreichend?
Wie sagt man so schön: »Konkurrenz belebt das Geschäft«. Wettbewerb ist immer ein Motor für die Wirtschaft und sorgt dafür, dass neue Produkte und Leistungen entstehen. Der gut regulierte Schweizer Finanzmarkt ist schon lange ein wichtiger Bestandteil der Weltwirtschaft. Durch seine Vielzahl an in- und ausländischen Banken und Investoren gibt es genügend Raum für Wettbewerb unter den Marktplätzen, was sich schlussendlich positiv für alle Marktteilnehmer durch ein breites Angebot und niedrige Kosten auswirkt. Aber als zweite Börse am Platz haben wir sicher noch Aufholbedarf in Anbetracht der Marktanteile. Gerade in dieser Rolle können wir einiges bewegen und arbeiten ständig daran, uns weiterzuentwickeln, neue Geschäftsfelder zu erschliessen und nach neuen Lösungen zu suchen.
Wie positioniert sich die BX Swiss?
Mit der Übernahme der Börse Stuttgart Ende 2017 ist die BX Swiss in einer internationalen Börsengruppe integriert, die sich stark auf die Bedürfnisse von Privatanlegern in den jeweiligen Ländern ausrichtet und über eine hochmoderne Infrastruktur verfügt. In allen Bereichen, in der die BX Swiss aktiv ist, legen wir einen ausgeprägten Fokus auf die Privatanleger, die unabhängigen Vermögensverwalter und die KMUs. Das Segment »deriBX« ist der strategische Schwerpunkt der BX Swiss, und zwar in erster Linie die Hebelprodukte. Dennoch sehen wir uns als Komplettanbieter und können den Anlegern eine umfangreiche Produktpalette anbieten wie anfänglich erwähnt. Weiter werden wir mit dem Bondhandel im Laufe dieses Jahres noch eine weitere Assetklasse dazugewinnen.
Wo kann sich die BX gegenüber der Konkurrenz abheben?
Als kleinere Börse steht es uns frei, anders zu sein. Unsere Grösse bietet den entscheidenden Vorteil. Wir sind sehr nahe an unseren Partnern und Kunden. Bei den regulatorischen Standards stehen wir unserem grossen Konkurrenten in nichts nach, die Anforderungen sind dieselben. Die Nähe zu den Marktteilnehmern und auch die Agilität unseres Unternehmens ermöglichen es uns, innovative Preis- und Marktmodelle einzuführen. Auch wollen wir unsere Kunden über viele Kanäle erreichen und haben mit BX Swiss TV ein Format gefunden, in dem wir sowohl über das aktuelle Marktgeschehen als auch mit Experteninterviews unsere Kunden informieren. Zusätzlich wird dieses Format weiter ausgebaut und soll ausserdem einen Baustein in Form von Beiträgen erhalten, die insbesondere auch die Welt der strukturierten Produkte dem Kunden besser verständlich machen soll.
Ihre Konkurrentin, die SIX, hat vor kurzem das Marktmodell ihrer Plattform für strukturierte Produkte angepasst und setzt nun auf ein Preisvalidierungsmodell, das dem Market Maker ermöglicht, den Preis des Zertifikats kurz vor Ausführung zu aktualisieren (vgl. ideas-Magazin September 2020). Was halten Sie von dieser Innovation?
Das bringt mich zu Ihrer Frage von vorhin zurück, ob eine Börse in der Schweiz nicht ausreichend sei. Bereits mit den ersten Produkten, die in unserem neuen Segment für strukturierte Produkte »deriBX« im Mai 2019 emittiert wurden, haben wir ein Marktmodell eingeführt, das eine Validierungsfunktion beinhaltet. Dieses Marktmodell führt dazu, dass die Emittenten von strukturierten Produkten mehr Liquidität und engere Spreads zur Verfügung stellen können, was am Schluss natürlich den Kunden zugutekommt. Aus diesem Grund sind wir schon stolz darauf, dass wir hier die Vorreiterrolle innehaben und dieses Modell so erfolgreich ist, dass dies nun auch von unserem Mitbewerber übernommen wurde. Damit zeigt sich, wie wichtig Wettbewerb ist und dass sich gute Produkte und Lösungen durchsetzen und somit der Anleger am Ende profitiert.
Warum ist die BX für Privatinvestoren und Vermögensverwalter so wichtig?
Wie bereits erwähnt, sind wir durch unsere Grösse sehr kundennah, wir berücksichtigen in erster Linie die Bedürfnisse der Anleger, die ihre Wertpapiere möglichst transparent und zu den bestmöglichen Konditionen handeln möchten. Wir wollen unsere Handelsteilnehmer verbinden und stehen daher in ständigem Kontakt mit unseren Endkunden sowie auch Partnern und Emittenten, um besser auf Kundenwünsche und Bedürfnisse einzugehen und einen effizienten Zugang zum Markt zu ermöglichen.
Ein Blick in die Zukunft: Wie sehen Sie die Schweizer Börsenlandschaft in zehn Jahren?
Ich denke, wir sollten uns bewusst machen, dass nicht eine immer schneller werdende Ausführungsgeschwindigkeit und ein Preiskampf die Grundlage sein wird, um miteinander zu konkurrieren. Es ist weiterhin sehr wichtig, die Börse als Marktplatz zu verstehen und sich auf die Bedürfnisse der Unternehmen und Endanleger zu fokussieren. Die Börsen sollten weiterhin ein Platz für Unternehmen sein, um sich neues Kapital zu beschaffen. Die Digitalisierung spielt bereits heute eine sehr grosse Rolle und wird eine noch grössere einnehmen. Wir werden sicher in den nächsten Jahren weiter von den einst papierhaften Aktien abrücken, die heute so manche Wand eines Bürozimmers schmücken.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Dominique Böhler.