Analysen

Infrastruktur: Achtung, Baustelle!

Seien es veraltete Brücken und Strassen, Kapazitätsengpässe im Schienenverkehr oder die Notwendigkeit, Energienetze und Rechenzentren dem technischen Fortschritt anzupassen: Weltweit besteht ein enormer Bedarf an Infrastrukturinvestitionen. Wir nehmen Unternehmen unter die Lupe, die von diesem Trend profitieren.

In der US-Politik scheinen gerade sämtliche Brücken eingerissen zu sein. Demokraten und Republikaner stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die Kluft zwischen den beiden Parteien ist im Wahlkampf omnipräsent. In der Realität werden in den USA dagegen so viele Brücken neu gebaut respektive saniert wie selten zuvor. Sie sind wichtiger Bestandteil des Bipartisan Infrastructure Law (BIL). Mit seiner Unterschrift unter diese Gesetzesinitiative hat Präsident Joe Biden im November 2021 ein Infrastrukturpaket von insgesamt 1,2 Billionen US-Dollar angestossen. Allein in Kalifornien wurden bis Anfang des Jahres annähernd 1.500 Projekte in einem Volumen von 37,8 Milliarden US-Dollar angekündigt. Darunter befindet sich die Golden Gate Bridge. Für 400 Millionen US-Dollar soll das Wahrzeichen von San Francisco, über das pro Jahr 37 Millionen Fahrzeuge rollen, besser für Erdbeben gewappnet werden.

Nicht nur in den Staaten fliessen stattliche Summen in die Mobilität, die Transformation der Energieversorgung oder die moderne Kommunikation. Rund um den Globus entstehen Strassen, Häfen und Flughäfen, Windkraftanlagen oder Breitbandnetze. Dieser Trend macht vor der Schweiz nicht Halt. Ein Beispiel: Um Engpässe im Schienenverkehr zu beheben, sollen im Zuge des »Ausbauschritts 2035« 12,9 Milliarden Schweizer Franken in das Bahnsystem fliessen. Unter anderem wird der Bahnhof Lausanne für rund 1,7 Milliarden Schweizer Franken modernisiert.

Grossbaustelle China
Weltweit sind laut Berechnungen des Global Infrastructure Hub bis 2040 Ausgaben in Höhe von insgesamt mehr als 90 Billionen US-Dollar nötig, um dem Bevölkerungswachstum, der Urbanisierung sowie den klimapolitischen und ökologischen Herausforderungen Herr zu werden. Gut die Hälfte dieser Summe ordnen die Experten Asien zu (siehe Grafik 1). Allein in China sieht die G20-Initiative einen Bedarf in Höhe von 28 Billionen US-Dollar. Beispielsweise wird im Reich der Mitte gerade der Hochgeschwindigkeitszug »CR450« getestet. Mit einer Betriebsgeschwindigkeit von bis zu 400 km/h soll er ab 2025 die Reisezeit zwischen den Metropolen Peking und Shanghai von vier auf zweieinhalb Stunden verkürzen. Vom Wettlauf um die beste Infrastruktur profitieren die unterschiedlichsten Unternehmen. Eisenbahngesellschaften zählen dazu genauso wie Baukonzerne, Zement-, Beton- und Rohstofflieferanten, Anlagenbauer, Versorger oder IT-Spezialisten.

Grafik 1: Bedarf an Infrastrukturinvestitionen

(2016 bis 2040, nach Regionen, in Mrd. US-Dollar)

Holcim: Ab nach New York
Auf sehr vielen Baustellen ist Holcim anzutreffen. Allein in Nordamerika hat sich der Baustoffkonzern für den Zeitraum 2023 bis 2026 mehr als 100 Infrastrukturprojekte sichern können. Beispielsweise liefert Holcim Spezialbeton für den Bau der Gordie Howe International Bridge. Für insgesamt rund 4,7 Milliarden US-Dollar entsteht diese Brücke zwischen Detroit und dem kanadischen Windsor. Das Bauwerk führt über den Detroit River und ist 2,5 Kilometer lang. Sechs Fahrspuren werden von Seilen getragen, die über zwei jeweils 220 Meter hohe Pfeiler verspannt sind. Insgesamt betreibt der Konzern aus Zug in Nordamerika mehr als 850 Standorte für Zement, Zuschlagstoffe, Fertigbeton und Bedachungen. Bald soll die Tochter eigene Wege gehen. Ende Januar gab Holcim die Abspaltung des Nordamerikageschäfts bekannt.

»Die Börsenkotierung in den USA wird es dem neu geschaffenen Unternehmen ermöglichen, sein volles Potenzial auszuschöpfen, um in einem der weltweit attraktivsten Märkte für die Bauindustrie der Partner der Wahl für unsere Kunden zu sein«, erklärte CEO Jan Jenisch das Spin-off. Für den Topmanager bedeutet der Schritt eine Art krönender Abschluss. Am 1. Mai reicht er den Führungsstab an den bisherigen Europa-Chef, Miljan Gutovic, weiter. Jenisch bleibt Verwaltungsratspräsident und kümmert sich zudem um den Börsengang in den USA.

Überzeugen konnte Holcim mit den Zahlen für 2023. Obwohl der Umsatz gegenüber der Vorperiode geschrumpft ist, hat der Branchenriese mehr verdient. Beim bereinigten Betriebsgewinn (Ebit) verbuchte Holcim einen leichten Anstieg auf 4,76 Milliarden Schweizer Franken – ein neuer Rekord. Eine um 12 Prozent erhöhte Dividende von 2,80 Schweizer Franken je Anteilsschein sowie das geplante Aktienrückkaufprogramm im Volumen von 1 Milliarde Schweizer Franken runden die starke Bilanz ab. »Auch im Jahr 2024 streben wir erneut nach Rekordergebnissen«, blickte der scheidende CEO nach vorn. An der Börse ist Holcim stark gestartet. Seit Silvester verteuerte sich der SMI-Titel um 17 Prozent und kletterte damit auf das höchste Niveau seit annähernd zehn Jahren (siehe Grafik 2).

Grafik 2: Steiler Aufwärtstrend

Wertentwicklung Holcim

ABB: Am Puls der Megatrends
Auf Rekordniveau notiert ABB. Beim Industriekonzern zählen die Megatrends Energiewende und Automatisierung zu den treibenden Faktoren. 2023 ist der Orderbestand insgesamt um 9 Prozent auf 21,6 Milliarden US-Dollar gestiegen. Davon entfallen 7,5 Milliarden auf die Prozessautomatisierung. ABB liefert hier Prozessleitsysteme, Mess- und Analysetechnik sowie Lösungen für das Energiemanagement. 2023 liefen die Geschäfte in der Öl- und Gasindustrie, bei Wasserstofferzeugern, in der CO2-Speicherung sowie der Schifffahrt besonders gut – auf hoher See ist ABB unter anderem mit elektrischen Antrieben vertreten.

Auf der Umsatzseite sind die Zürcher im Geschäftssegment »Motion« besonders stark gewachsen. Hierzu zählen unter anderem Motoren, Generatoren sowie diverse Lösungen für die Eisenbahn. Beispielsweise rüstet ABB im australischen Adelaide 50 U-Bahn-Züge auf den Diesel-Hybrid-Betrieb um. »Motion« hat dazu beigetragen, dass der Konzern das operative Ergebnis (Stufe Ebita) 2023 zu konstanten Währungskursen und auf vergleichbarer Basis um ein Fünftel auf 5,4 Milliarden US-Dollar steigern konnte. Die Ebita-Marge legte um 1,6 Prozentpunkte auf 16,9 Prozent zu. Im laufenden Jahr möchte CEO Björn Rosengren die Kennziffer leicht verbessern.

Anfang Februar hat der Schwede zum letzten Mal die Bilanz und den Ausblick für ABB präsentiert. Zum 1. August übergibt der 64-Jährige seinen Posten an Morten Wierod. ABB setzt damit auf eine interne Nachfolge. Der Norweger Morten Wierod arbeitet seit einem Vierteljahrhundert im Unternehmen, momentan verantwortet er den Elektrifizierungsbereich. Das Unternehmen bleibt somit skandinavisch geprägt. Auch strategisch dürfte sich nach dem Chefwechsel nicht allzu viel ändern. Rosengren hat ABB erfolgreich umgebaut und auf Rendite getrimmt. 2019, dem Jahr vor seinem Antritt, lag die operative Marge bei gerade einmal 11,1 Prozent (siehe Grafik 3).

Grafik 3: Deutliche Fortschritte

Operative Marge ABB (Stufe Ebita)

Schindler: Im Aufzug nach oben
Eine enge Verknüpfung zur Infrastruktur im Allgemeinen und der Urbanisierung im Speziellen besteht bei Schindler. Weltweit nutzen pro Tag mehr als zwei Milliarden Menschen Aufzüge, Rolltreppen und Fahrsteige der Luzerner. Zwei aktuelle Beispiele zeigen die globale Präsenz: Für die neue Mega-Metrobahn in Bengaluru, der drittgrössten Stadt Indiens, liefert Schindler 300 Rolltreppen. Im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele in Paris hat das Unternehmen 430 Aufzüge und Fahrtreppen für den Grand Paris Express – das grösste öffentliche Verkehrsprojekt in Europa – produziert. Allerdings ist Schindler nicht immun gegen das harzige Wirtschaftsumfeld. 2023 schrumpften die Aufträge im Neugeschäft. Dagegen ist die Servicesparte deutlich gewachsen.

Während der Umsatz nur um 1,4 Prozent nach oben ging, konnte Schindler das Betriebsergebnis (Stufe Ebit) 2023 um nahezu ein Drittel auf knapp 1,2 Milliarden Schweizer Franken steigern. »Höhere operative Effizienz, Erholung in den Lieferketten und Effekte unserer Preispolitik wirkten sich hier positiv aus«, erklärt das Unternehmen in einer Medienmitteilung. Mit 10,3 Prozent lag die Ebit-Marge um 2,3 Prozentpunkte über dem Wert des Vorjahres. CEO Silvio Napoli möchte die Kennziffer 2024 auf 11 Prozent voranbringen. »Mittelfristig will das Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit weiter verbessern und eine Ebit-Marge von 13 Prozent erreichen«, erklärt der Topmanager. In diesem Jahr feiert Schindler sein 150. Jubiläum. Zu diesem Anlass sollen die Aktionäre neben der regulären Gewinnbeteiligung eine Sonderdividende erhalten. Darüber hinaus erhöhte der Verwaltungsrat die Ausschüttungsquote. Anstelle der bisher 35 bis 65 Prozent wird neuerdings mindestens die Hälfte und bis zu 80 Prozent des Gewinns ausgekehrt. Börsianer sind angetan: Nach der Bilanzvorlage kletterte die Schindler-Aktie auf ein 2-Jahres-Hoch.

Hochtief: Erfolgreiche Fokussierung
Zu einem echten »Pure Play« der Infrastruktur ist Hochtief in den vergangenen Jahren mutiert. Deutschlands grösster Baukonzern hat sein Geschäft konsequent auf die Bereiche Hightech, Energiewende und Nachhaltigkeit ausgerichtet. 2023 konnte sich der Konzern rund um den Globus wichtige Aufträge sichern. In den USA, in Hongkong, auf den Malediven und in Malaysia bekam Hochtief respektive lokale Tochtergesellschaften den Zuschlag für den Bau von Rechenzentren. In den USA zählt die Tochter Turner zu den führenden Anbietern im Bau von Gigafabriken für Elektrofahrzeug-Batterien. Ein weiteres Konzernunternehmen ist in Kalifornien Hauptauftragnehmer für ein futuristisches Projekt: In der San Francisco Bay Area sollen kleine, autonome Elektrofahrzeuge auf eigens dafür vorgesehenen Strassen unterwegs sein.

Insgesamt ist der Auftragsbestand von Hochtief 2023 um 7,6 Prozent auf mehr als 55 Milliarden Euro angewachsen. Davon 85 Prozent bezeichnet das Management als »risikoärmer«. Während Hochtief den Umsatz um ein währungsbereinigtes Zehntel auf 27,8 Milliarden Euro steigern konnte, ging der operative Gewinn währungsbereinigt um 11 Prozent auf 553 Millionen Euro nach oben. Im laufenden Jahr soll das Ergebnis, abhängig vom Umfeld, auf 560 Millionen bis 610 Millionen Euro vorankommen. Dank hoher Cashflows können sich die Aktionäre neben der starken Kursentwicklung auch noch über eine Dividendenerhöhung freuen. Für 2023 möchte Hochtief 4,40 Euro je Anteilsschein ausschütten – ein Zehntel mehr als vor zwölf Monaten. Grösster Nutzniesser ist ACS. Der spanische Mutterkonzern hält 75 Prozent an dem deutschen Mid Cap.

Übrigens: Im Bau von Rechenzentren gibt es eine direkte Verbindung zwischen Hochtief und den »Magnificent 7«. Meta Platforms hat den Deutschen 2023 einen 800 Millionen US-Dollar schweren Auftrag erteilt. Im US-Bundesstaat Indiana lässt der Facebook-Mutterkonzern auf einem 65.000 Quadratmeter grossen Campus mehrere Rechenzentren erstellen, die vollständig mit grüner Energie betrieben werden sollen.

Mehr zu den sieben Large Caps, die an der Wall Street gerade die Richtung vorgeben, lesen Sie in der Titelgeschichte.

Produktidee: Hebelprodukte auf Infrastrukturaktien

Unlimited Turbo-Optionsscheine

Valor

Basiswert

Typ

Hebel

Strike

Stoppschwelle

Handelsplatz

131927511

ABB

Call

8,1

36,6652 CHF

37,59 CHF

Swiss DOTS

130030230

ABB

Call

4,0

31,5465 CHF

32,34 CHF

Swiss DOTS

124362100

ABB

Put

9,7

45,8876 CHF

44,79 CHF

Swiss DOTS

127268530

ABB

Put

3,8

51,9335 CHF

50,69 CHF

Swiss DOTS

127862381

Hochtief

Call

6,6

89,1944 EUR

92,25 EUR

Swiss DOTS

125770459

Hochtief

Call

3,2

72,7207 EUR

75,21 EUR

Swiss DOTS

125770694

Hochtief

Put

10,0

115,0499 EUR

111,50 EUR

Swiss DOTS

127861206

Hochtief

Put

4,3

129,0938 EUR

125,11 EUR

Swiss DOTS

131928800

Holcim

Call

7,4

67,2123 CHF

69,24 CHF

Swiss DOTS

130029542

Holcim

Call

3,8

57,5138 CHF

59,25 CHF

Swiss DOTS

126557839

Holcim

Put

8,6

86,0584 CHF

83,58 CHF

Swiss DOTS

130627651

Holcim

Put

4,7

93,4285 CHF

90,74 CHF

Swiss DOTS

Faktor-Zertifikate

Valor

Basiswert

Strategie

Hebel

Laufzeit

Handelsplatz

124946860

ABB

Long

12

Open End

Swiss DOTS

124946854

ABB

Short

–12

Open End

Swiss DOTS

56089049

Hochtief

Long

6

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

124946921

Hochtief

Short

–6

Open End

Swiss DOTS

58529542

Holcim

Long

10

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

129663736

Holcim

Short

–10

Open End

Swiss DOTS

121553038

Schindler

Long

8

Open End

Swiss DOTS

124946784

Schindler

Short

–8

Open End

Swiss DOTS

56955416

Schindler

Long

4

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

56955459

Schindler

Short

–4

Open End

Swiss DOTS, BX Swiss

Stand: März 2024; Quelle: Société Générale

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